Naturheilpraxis - Ausgabe 05/2001
Umwelt und Gesundheit
von Susanne Dürrfeld-Flügel

Rinderwahn, Schweinepest, Mastskandale und seit einiger Zeit noch Maul- und Klauenseuche - Ozon, Luftverschmutzung, Lärm, Allergien, Neurodermitis, Asthma: Sind dies nur Schlagworte einer titelgeilen Presse oder treten hier Anzeichen einer Gesellschaft zutage, deren Uhr bereits auf fünf vor zwölf steht?

Zwar wird in einem Artikel der Ärzte-Zeitung vom November 2000 darauf hingewiesen, dass Luftverpestung kein Phänomen der Neuzeit sei, sondern ein Problem unter dem schon die alten Römer gelitten hätten. Studien an gut erhaltenen Skeletten bestätigen die Häufung von Lungenerkrankungen in dieser Zeit. Also doch alles nur Panikmache? (Jetzt mal im Ernst - natürlich basiert diese Feststellung auf ganz anderen Ausgangspunkten: Die alten Römer haben ihre schlechte Luft innerhalb der eigenen vier Wände selbst fabriziert - durch Öllampen, Kochstellen oder Öfen!)

Im alten Rom gab es aber sicherlich keine Probleme mit diversen Nahrungsmitteln. Momentan müssen wir heute aber vor jeder Salami-Pizza, vor jedem Hack im Taco oder vor jeder Suppe halt machen, denn über uns hängt das Damokles-Schwert Creutzfeldt-Jacob. Wo doch gerade die neuesten Schlagzeilen von einem zweiten Gebiet in Großbritannien berichten, in der die Krankheit vermehrt auftreten soll.

Was ist nun mit uns los, unserer Gesellschaft, der Natur und unserer Gesundheit? Wie sollen wir alle umgehen mit der sich stark verändernden Umwelt, wie reagieren auf schadstoffbeladenes oder verseuchtes Essen? Liegt die Antwort im Soja-Steak?

Fest steht jedenfalls, dass bereits ein Viertel aller Deutschen durch Umweltprobleme stark gesundheitlich gefährdet sind. Im Jahresbericht 1999 des Umweltbundesamtes wurden Zahlen veröffentlicht, die Anlass zur Sorge geben. Danach sollen bereits 24 bis 31 Millionen Bundesbürger allergisch vorbelastet sein. Und die Zahlen tendieren nach oben. Der Präsident des Umweltbundesamtes, Professor Dr. Andreas Troge, warnte vor einer dramatischen Zunahme der Erkrankungen. Des weiteren wies der Umweltexperte darauf hin, dass weltweit unter anderem Atemwegserkrankungen an der Spitze der Todesursachen lägen. Dr. Josef Wenning, Herausgeber des Weißbuchs „Allergie in Deutschland 2000“, nennt sogar noch beunruhigendere Zahlen:

Zwölf Millionen Menschen sollen bereits an allergischer Rhinitis leiden, vier Millionen an Asthma bronchiale und 1,6 Millionen an Nahrungsmittelallergien. Allein an Asthma sollen laut Wenning 5.000 Menschen pro Jahr sterben. Weitere Todesfälle gebe es durch Insektgift-Allergien, Nahrungsmittel- und Arzneimittelallergien. Wenning sagte einigen Allergikern sogar eine „Krankheitskarriere“ voraus: Das Allergenspektrum würde sich ausweiten und der Schweregrad der Symptome zunehmen. 42 Prozent der Kinder, deren Symptome mit einem Heuschnupfen beginnen, würden nach sieben Jahren an einem allergischen Asthma bronchiale leiden; 80 Prozent der Patienten, die an Pollenallergie erkranken, würde im weiteren Verlauf eine Nahrungsmittelsensibilisierung entwickeln.

In der Ärzte-Zeitung vom November 2000 wurde eine Statistik vorgestellt, nach der in Mexiko etwa ein Viertel aller Babys mit angeborenen Krankheiten zur Welt kommen, deren Hauptursachen in Erb- und Umweltfaktoren liegen sollen. „In Mexiko sind in 40 Prozent der Fälle Erb- und Umweltschäden Ursache für Krankheiten bei Neugeborenen. Bei rund 100 Jungen und Mädchen in La Laguna im nordmexikanischen Bundesstaat Coahuila hätten Ärzte gefährlich hohe Bleiwerte im Blut diagnostiziert.“

In einer Studie der Washington University School of Medicine wurde nachgewiesen, dass durch das Einatmen schwermetallhaltiger Stäube, wie es beispielsweise bei Schweißarbeiten der Fall ist, ein erhöhtes Erkrankungsrisiko an Morbus Parkinson besteht. „Bei Arbeitern, die im Durchschnitt 47.144 Stunden beim Schweißen zugebracht hatten, (...) setzten die Symptome deutlich früher ein. Sie erkrankten im Mittel bereits mit 46 Jahren (an Morbus Parkinson). In der Kontrollgruppe lag das Erkrankungsalter bei durchschnittlich 63 Jahren - also dem typischen Alter.“ Nach Ansicht der Wissenschaftler deutet dieser Befund darauf hin, dass beim Schweißen freigesetzte Substanzen, das heißt also Umwelteinflüsse, bei Personen, die bereits die Veranlagung oder ein anderweitig erhöhtes Risiko für die Erkrankung haben, deren Ausbruch beschleunigen.

Dass Umweltfaktoren die Gesundheit beeinflussen können, bewiesen auch Wissenschaftler der Universität Marburg in einer neue Studie. Sie gehen davon aus, dass es in den kommenden Jahren aufgrund der hohen Ozonbelastung zu einer dramatischen Zunahme von Allergien und Asthma - auch ohne gesundheitliche Vorbelastung - kommen wird. Bisher ging die Wissenschaft von der These aus, dass hohe Ozonbelastungen vor allem bei Kindern oder Risikogruppen wie Lungenkranken oder Allergikern Reaktionen auslösen können. Bei der Marburger Untersuchung konnte aber nachgewiesen werden, dass bei einer ständigen Ozonbelastung auch das Immunsystem gesunder Menschen „in Richtung Allergie marschiert“

Ozon ist natürlich nicht nur für Menschen schädlich, sondern wirkt sich auch negativ auf andere Lebensformen aus wie beispielsweise auf Pflanzen. Dies ist schon seit den 50er Jahren bekannt, denn damals wurden auf Tabakpflanzen erstmals Ozonschäden festgestellt: auf den Blättern zeigten sich Flecken aus abgestorbenem Gewebe. Seitdem werden übrigens ozonsensitive Tabakpflanzen vielfach als Anzeiger für hohe Ozonkonzentrationen verwendet.
Wissenschaftler untersuchten die Auswirkung von Ozon auf Pflanzen auch auf der Ebene von Genen und dabei gelang ihnen eine erstaunliche Entdeckung: Das bodennahe Ozon, Hauptbestandteil des sogenannten Sommersmogs, ist nicht nur ein Schadstoff. „Vielmehr kann es auch die Abwehrkraft der Pflanzen stärken.“ Mehr als 40 Gene wurden gefunden, die bei der Einwirkung von Ozon aktiv werden. Professor Sandermann, GSF-Forscher, resümiert: „Diese Signalstoffe, zum Beispiel Salicylsäure, könnten zu einem völlig neuen Konzept des Pflanzenschutzes führen.“ Natürlich ist bei der Behandlung von Pflanzen mit Ozon Vorsicht geboten, denn ein Übermaß würde zu den typischen Symptomen führen, die bei hoher Ozonbelastung beobachtet werden kann: schlechteres Pflanzenwachstum, Zerstörung einzelner Zellen und Blätter, vorzeitiges Altern.

Umweltgifte, die die meisten von uns täglich unbewusst zu sich nehmen, kommen aus der Landwirtschaft: eingesetzte Herbizide und Fungizide. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass gerade die am häufigsten eingesetzten Pestizide bei Mäusen Hirnschäden verursachen, wie sie für die Parkinson-Krankheit typisch sind (wenn sie gemeinsam verabreicht werden). Bei den getesteten Agrochemikalien handelte es sich um Paraquat, eines der am häufigsten verwendeten Unkrautvernichtungsmittel, und Maneb, ein Fungizid, das unter anderem gegen Pilzbefall von Kartoffeln und Tomaten eingesetzt wird. „Es sind verschiedene Chemikalien mit unterschiedlicher Wirkung, aber sie werden oft auf denselben Feldern ausgebracht“, sagt die Leiterin der Studie, Deborah Cory-Slechta, Professorin für Umweltmedizin an der University of Rochester.
Eine jede Chemikalie für sich genommen würde kaum eine negative Wirkung zeigen. Wenn aber beide Gifte zusammen eingenommen werden, führten sie zum Absterben von Dopamin-produzierenden Nervenzellen, ein typisches Merkmal der Parkinson-Krankheit im Frühstadium.

Normalerweise werden Umweltchemikalien einzeln auf mögliche Gesundheitsschäden getestet. „Wir sind alltäglich einem Gemisch verschiedener Chemikalien ausgesetzt. Davon gibt es tausende und abertausende von Kombinationen. Ich glaube, unsere Entdeckung ist nur die Spitze eines Eisbergs“, sagt Cory-Slechta.
Mehrere Studien wiesen bereits darauf hin, dass Menschen, die verstärkt dem Kontakt mit Pestiziden ausgesetzt sind, eine höheres Risiko aufweisen, an Morbus Parkinson zu erkranken. Wissenschaftler der Emory-University haben erst kürzlich nachgewiesen, dass Ratten, die mit dem Insektizid Rotenon behandelt worden waren, Parkinson-artige Symptome entwickelten.

zurück  zum Seitenanfang
Naturheilkunde Tagesklinik AG - Deutschhausstr. 28 - 35037 Marburg -
Telefon: 0 64 21 - 69 00 74 - Fax: 0 64 21 - 69 00 72
nhk-ag@gmx.de -  Datenschutzerklärung  -  Impressum