Naturheilpraxis - Ausgabe 10/2001
„Blutegelversuch mit höher potenzierten Homöopathika“
Eine Effekt-Dokumentation jenseits der „Loschmidt’schen Konstante“

von Siegfried Haußmann

Einführung
Der Anstoß zu diesem Versuch ging von drei Aspekten aus. Zunächst besteht seit Samuel Hahnemann die beharrliche Skepsis, ob Arzneien, die potenziert und verdünnt die „Loschmidt’sche Grenzzahl“ (10 -23) für reale Wirkstoffmoleküle in Trägersubstanz (hier: Ethanol) überschreiten, überhaupt auf ein biologisches System wirken. 1)

Der nächste Grund lag in der Forderung, eine naturkundliche Beobachtung über einen längeren Zeitraum durchzuführen, die am untersuchten Lebewesen keinerlei Präparation erfordert, d. h. das Versuchsobjekt lebt unter minimalster Milieuänderung „normal“ weiter. Natürliche Umgebung und ihre Lebewesen repräsentieren glaubwürdige Zusammenhänge. Das bedeutet: reagiert der Blutegel physiologisch auf eine Arzneigabe, muss das begrenzte Standardmilieu im Versuchsgefäß eine wahrnehmbare Veränderung vermitteln. Die mir bekannt gewordenen Hochpotenzenversuche greifen aber direkt in das biologische System ein und nehmen dann messbare Effekte, zum Beispiel, an Proteasen oder Histamin-Release aus Peritonealmastzellen nach Gaben von Sulfur oder Phosphorus im Vergleich zu Kontroll- und Placebogruppen auf. 2)

Die physiologische Einheit von Milieu und Blutegel bleibt in meinem Versuch gewahrt. Der Austausch des Mediums mit dem Versuchstier erfolgt als Diffusion über die winzigen Ionenkanälchen in beide Richtungen. „Viele biochemische Reaktionen laufen nur ab, wenn außer dem notwendigen Enzym bestimmte Ionen vorhanden sind. Weder das Enzym noch die Ionen allein können die Reaktion in Gang bringen.“3)
Diese notwendige Wechselseitigkeit und ihre Unterscheidung zur physiologischen Blutegel-Häutung waren das Fundament des Versuchs. Ausführlicheres zur Physiologie und Anatomie findet man im „Handbuch der Blutegeltherapie“ (Haug Verlag).

Der dritte Grund ist bestimmt von der gängigen Verordnungspraxis. Ein aktuelles Therapie-Wirrwarr ist zu beklagen, das viele Fragen aufwirft. Interaktionen und korellierende Eigenschaften von Arzneien sind häufig und werden ein erkanntes, verkanntes, oder – noch öfters – ein dumpf „erahntes“ Geschehen. Wie verhält es sich in solchen Fällen mit Homöopathika? Wie exakt ist die Zeitspanne für die einzelnen Arzneigaben zu nehmen? Worin liegen die Verzögerungseffekte u.s.w.? Jeweils Fragen, die keine objektbezogene Wissenschaft für komplexe Systeme hinreichend beantwortet. Die „naive“ Empirie, in diesem Fall nicht die Symptomenaufnahme durch eine Befragung, sondern die stichprobenartige Sichtkontrolle eines Milieus und seiner Bewohner, füllt diese Lücke. Versuchsanordnung und Verlaufskontrolle sollten deshalb möglichst „einfach“ und reproduzierbar sein. Eine eher Verwirrung stiftende Symptomenvielfalt nach Gaben von Hochpotenzen an Menschen blieb damit ausgeschlossen. Um aber die Bewertung deutlich ausfallen zu lassen, wurde der gleiche Versuch mit identischen und blind verabreichten Arzneigaben ausgelagert und von Frau Heilpraktikerin Christina Zoller/Söllingen im Verlauf des Versuchsabschnitts 1 betreut.

Zusammenfassung
Der Versuch offenbarte, dass die genannten homöopathischen Hochpotenzen, in der Applikation von Ethanol-Tropfen oder Streukügelchen, Veränderungen im Milieu auslösen, in welchem Blutegel leben. Hierbei bewerkstelligte Phosphorus D 200/C200 die meiste Effizienz, die beiden anderen Trägersubstanzen in Stufen schwächer. Dass zu gewissen Zeiten (Mondphasen/ Witterungsumschläge) die Egel in Gruppen an der Gefäßwand hochziehen oder an Lebendigkeit gewinnen ist ein gewisser Nebenbefund. Anmaßend wäre es freilich, das Vermögen von Arzneien jenseits der Loschmidt-Konstanten jetzt als bewiesen und für den Menschen gültig anzusehen, zumal: „...eine Übertragung von Erkenntnissen an einer Art auf eine andere Art nicht ohne weiteres möglich ist.“ (Bässler, S. 36)

Zur Differenzierung der regulären Häutung von der Wassertrübung, sagte Herr Dr. Roth Folgendes: „Wenn Sie nicht die Häutung meinen, sondern eine Oberfächenbedeckung mit schleimiger Substanz, dann gehe ich davon aus, dass es sich dabei um eine Interaktion mit dem Wasser handelt. Schwermetalle, hoher pH, hohe Wasserhärte etc. können dazu führen, dass die Mucopolysaccharidhülle quillt und eine solartige Konsistenz annimmt. Nebenbei bemerkt, ist die Uni Gießen damit beschäftigt, das Problem der Mucoviszidosis mit Stoffen aus der Abscheidung von Blutegeln für die Gewinnung eines Arzneimittels zu beseitigen.“
Die relativ leichte Reproduzierbarkeit des Versuchs ermöglicht auch die praktische und tierschonende Testung homöopathischer Arzneien, der Schüßler’schen Funktionsmittel oder homöopathisierter Mineralien-Präparatekomplexe, wie z. B. des Pearl S 13 ® der Firma Magnet activ, wo alle Schüsslersalze und Zincum in der 30. Potenzierungsstufe vorliegen.
Leider war primäre Literatur zu Versuchsvorgängern nicht ausfindig zu machen. Der Autor würde es deshalb außerordentlich begrüßen, wenn sich bei ihm unter der angegebenen Anschrift Interessenten melden.

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