Zeitschrift für Phytotherapie - Ausgabe 03/1999
Editorial
    Agni-casti fructus: Wurde ein lange vergrabener Schatz endlich gehoben?

    Um es vorweg zu nehmen: Die Titelfrage kann bejaht werden! Noch vor wenigen Jahren haben Präparate aus den Früchten der Verbenacee Vitex agnus-castus L. ein wenig beachtetes Dasein gefristet: Mehr oder weniger häufig wurden Vitex-Extrakte als Gynäkologikum medizinisch genutzt. Die Anwendungsgebiete lauteten nach der entsprechenden Monographie der Kommission E (BAnz. vom 27.10.92: »Regeltempoanomalien, prämenstruelle Beschwerden und Mastodynie«. In den letzten Jahren ist nun diese Droge intensiv »beforscht« worden. Das belegt z.B. die dreimalige Verleihung des »Rudolf-Fritz-Weiß-Preises« durch die Gesellschaft für Phytotherapie für Arbeiten, die sich mit unterschiedlichen Aspekten dieser Arzneipflanze beschäftigen: 1990, 1995 und zuletzt 1998 auf der Bonner Tagung »Phytopharmaka 2000«.

    Heute sind die dopaminergen Effekte der Droge (u.a. bei der Behandlung des prämenstruellen Syndroms) und einiger ihrer Inhaltsstoffe (z.B. Diterpene) eindeutig nachgewiesen. Das zeigte eine gemeinsame Tagung der »Gesellschaft für Arzneipflanzenforschung« der »Schweizerischen Gesellschaft für Pharmazeutische Wissenschaften«, der »Schweizerischen Medizinischen Gesellschaft für Phytotherapie« und des »Departements Pharmazie der ETH Zürich« anläßlich des 60. Geburtstages von Prof. Willi Schaffner (Univ. Basel). Dieses Symposium am 20. November 1998 in Zürich stellte zum einen den Status quo der Agnus-castus-Forschung vor. Andererseits konnte gezeigt werden, daß für künftige Untersuchungen dieser Droge (natürlich sind einige Fragen noch nicht endgültig beantwortet!) eine vielseitige Basis an wissenschaftlichen Fakten vorliegt. Nach Rücksprache mit Prof. Dr. Beat Meier (Zürich/Romanshorn), der die Tagung in Zürich leitete, soll das Ergebnis dieser Forschungen in diesem Heft der ZPT ausführlich dargestellt werden. Ich danke Herrn Kollegen Meier und Frau Dr. Eva Hoberg sehr für die Mühe, die sie sich mit der Zusammenstellung und Bearbeitung der Manuskripte gemacht haben. Ich meine aber, diese Arbeit hat sich gelohnt.

    Noch ein Punkt, für dessen Erörterung sich die Agnus-castus-Forschung besonders gut eignet: Pharmazeutisch-biologische und phytotherapeutische Untersuchungen sind angewandt, man kann von praxisorientierter Grundlagenforschung sprechen. Und die ist teuer. So wäre kein mir bekanntes Hochschulinstitut in der Lage, entsprechende Experimente und Studien aus der allen deutschen Universitätsmitgliedern bekannten Titelgruppe 73 zu bezahlen. Und hier muß der Hochschulforscher, der u.a. die Aufgabe hat, immer zur rechten Zeit am richtigen Ort gut begründet die Hand aufzuhalten, mit der Industrie Kontakte aufnehmen v.a. mit solchen Firmen, die an der Bearbeitung ihrer Präparate interessiert sind. Das ist nicht nur legitim, sondern auch legal. Berührungsängste wären hier fehl am Platze. Und so waren einerseits die Firmen Bionorica GmbH (Neumarkt/Oberpfalz) und Zeller AG (Romanshorn) an einer wissenschaftlichen Optimierung ihrer Agnus-castus-Präparate interessiert. Andererseits waren Mitarbeiter verschiedener Hochschulinstitute bereit, hier Grundlagenforschung durchzuführen. Sie wurde in besonderer Weise von den beiden Industrieunternehmen finanziell unterstützt, zum Wohle beider Seiten, wie das Thema dieser Ausgabe der »Zeitschrift für Phytotherapie« vor Augen führt.

    Franz-Christian Czygan

Originalarbeiten Agni-casti fructus: Neue Erkenntnisse zur Qualität und Wirksamkeit
B. Meier und E. Hoberg

Klinischer Kenntnisstand von Agni-casti fructus: Klinisch-pharmakologische Untersuchungen und Wirksamkeitsbelege
C. Gorkow

Aus der Apotheke: Apotheke und Verein
Th. Richter

Portrait einer Arzneipflanze: Vitex agnus-castus L., der oder das Keuschlamm
J. G. Mayer und F.-C. Czygan

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