Zeitschrift für Phytotherapie - Ausgabe 04/2002
Editorial
    Phytopharmaka ante portas!?

    Der von mir etwas modifizierte Schreckensruf der Römer, als sich im Jahre 211 v.Chr. Hannibal mit seinem Heer ihrer Hauptstadt näherte (wer seinen Cicero kennt, weiß, dass es eigentlich Hannibal ad portas heißt: vgl. Philippica 1,5,1 1), scheint derzeit im übertragenden Sinne die Phytopharmaka-Szene zu beherrschen. Man muss nur »Pharmakon« in seiner ursprünglichen Übersetzung für »Gift« benutzen.

    ·So werden Hypericum-Extrakten Bedenklichkeiten bescheinigt. Es kann u.a. zu Wechselwirkungen mit gleichzeitig eingenommenen cumarinartigen gerinnungshemmenden Mitteln, mit Ciclosporin, mit Digoxin und mit Protease-Hemmstoffen in der Anti-HIV-Behandlung kommen. Nun gut, die wissenschaftlichen Daten, die zu diesen Schlussfolgerungen führen, sind überzeugend und werden natürlich akzeptiert.

    · Etwas anders ist die Sachlage bei den soeben erfolgten Mitteilungen des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV). Es warnt vor der Verwendung von bestimmten Tees und Kräutern, u.a. auch von Fenchel bzw. Fencheltee und von Basilikumkraut (s. Seite 157). Diese und weitere Drogen enthalten in ihrem ätherischen Öl u.a. Estragol und Methyleugenol. Zumindest im Tierversuch wirken diese Substanzen nach metabolischer Aktivierung kanzerogen und möglicherweise erbgutverändernd. Man sollte daher vor dem Einsatz großer (??!!) Mengen dieser Drogen warnen. Aber das wissen bereits Apotheker, vielleicht auch manche Ärzte. Zumindest Pharmazie-Studenten haben dieses Wissen in ihren pharmazeutisch-biologischen Vorlesungen erworben. Und in Standardwerken über Drogen und Phytopharmaka finden sich ebenfalls entsprechende Hinweise.

    · Diese beiden Informationen sind in ihren Fakten nachvollziehbar und sollten beim Einsatz der entsprechenden Phytopharmaka beachtet werden. So weit, so gut. Gelten aber Überlegungen dieser Art auch für zumindest unsichere Resultate mit Kava-Kava-Präparaten, die zum allgemeinen Erstaunen der Fachwelt das BfArM veranlasst haben, die Zulassung von Kava-Kava-Präparaten zum 14. Juni d.J. zu widerrufen. Hier wurde nicht nur mit Kanonen auf Spatzen, sondern auf nichts geschossen. Die auch kritische und skeptische Pharmafachleute überzeugenden Recherchen von A. Schmidt und A. Nahrstedt in der Deutschen Apotheker Zeitung (2002; 142: 1006–1011) sollten das BfArM doch zumindest nachdenklich machen. Dass auch die eigentlich das BfArM in seinen phytotherapeutischen Entscheidungen beratende Kommission E sich vehement gegen den Widerruf der Zulassung Kava-Kava-haltiger Präparate wendet (s. Seite 158) spricht für sich. Wer ist eigentlich kompetent in diesen Fragen, wenn nicht der medizinisch-pharmakologisch-pharmazeutische Sachverstand der Mitglieder der Kommission E.

    Franz-Christian Czygan, Würzburg
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