Zeitschrift für Phytotherapie - Ausgabe 06/2001
Editorial
    Phytopharmaka sui generis!

    Es tut sich tatsächlich allerhand auf dem Markt der Phytopharmaka - nicht nur in Deutschland. Einerseits gab es zu keiner Zeit so viele - meist - seriöse Studien über diese Arzneimittelgruppe, andererseits werden so genannte Positivlisten aufgestellt, die Phytopharmaka desavouieren. Hinzu kommt - anders kann ich es nicht nennen - der Missbrauch von Arzneipflanzen als Zusatz zu vielen Lebensmitteln (z.B. Hypericum in Yoghurt) und in Getränken, wohl bald auch im Bier. Im Reinheitsgebot von 1516, auf das wir Bayern so stolz sind, heißt es, »dass für an allenthalben im Herzogtum Bayern zu keinem Bier mehr Stück als allein Gersten, Hopfen und Wasser gebraucht werden sollen«. Und der Brauer, der diesem vielleicht ältesten Lebensmittelgesetz nicht folgte und »diese unsere Anordnung wissentlich übertreten und nicht einhalten würde, dem soll von seiner Gerichtsobrigkeit dieses Fass Bier zur Strafe unnachsichtlich, so oft es vorkommt, weggenommen werden«. Ein Gang über die diesjährige Messe »drinktec-interbrau« in München-Riem zeigte, dass schon oder bald so mancher Bierbrauer vor dem Kadi stehen würde - gelte noch das alte Reinheitsgebot.

    Die abstrusesten Getränke sind auf der »drinktec- interbrau« zu bewundern. Unter den Schlagworten »Wellness und Functional Drinks« steht der Trend zum »innovativen Durstlöscher« (Südd. Ztg. vom 24. September d.]). Vor allem Bier-Mix-Getränke haben Zukunft! Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis auch Weißbier nicht nur mit Vitaminen, sondern auch mit Extrakten aus Ginkgo-Blättern (mein Vorschlag für einen Werbespruch »Mit unserem Bier löschen Sie nicht nur Ihren Durst, Sie tun auch etwas für die Verbesserung Ihres Denkvermögens!) « oder aus Crataegus-Früchten (Slogan: »Das Bier mit und fürs Herz!«) oder mit Johanniskraut (»Muntern Sie Ihr Gemüt mit unserem Bier auf!« oder für humanistisch Gebildete »Vertreiben Sie mit unserem fuga daemonum den Teufel aus Ihrem Alltag!«). Zukunftsspinnereien des Editorialschreibers? Aber nein, Amerika macht es uns vor, unsere Getränkeindustrie macht es nach. Drinks mit diesen Zusätzen gibt es bereits. Ihr Beliebtheitsgrad wird noch gesteigert, wenn sie zusätzlich zu den derzeit propagierten Beauty Drinks gehören. Immer nach der Parole: »Yoga von innen - trink dich schön!«

    Ich frage mich, ob diese Zusätze, die zumindest unterschwellig wegen ihrer pharmakologischen Effekte beworben werden, nicht doch dem Arzneimittelgesetz unterliegen. Oder sind es nur Nahrungsergänzungsmittel oder vielleicht endogene Kosmetika? Ich befürchte, dass dann in Zukunft viele Phytopharmaka ihren Status als Arzneimittel verlieren. Quo vadis Phytotherapia?
Panorama

Buchbesprechungen
Gerhild Birmann-Dähne: Bärlauch und Judenkirsche: 40 Heilpflanzen in Mythen, Märchen, Medizin und Küche.
(Rez. F.-C. Czygan)

Höhepunkte der Klostermedizin: Der 'Macer floridus' und das Herbarium des Vitus Auslasser (Rez. Ralf Windhaber)

Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch (Rez. hk)

Kongresse/Weiterbildung

Originalarbeiten
Untersuchungen zur Stabilität von Allicin - Vergleich zwischen frischem Knoblauch und Knoblauchtrockenpulver
A. Buchholz, M.F. Melzig

Isoflavonoide als Mediatoren antiinflammatorischer und antiallergischer Wirkungen der Süßholzwurzel - Licoricidin als Hemmstoff des plättchenaktivierenden Faktors (PAF)
J. Bielenberg

Tagungsbericht
Phytotherapie - quo vadis? BAH-Diskussionsforum zur aktuellen und zukünftigen Situation pflanzlicher Arzneimittel

Forum

Aus der Apotheke
Kompendium Phytopharmaka
Th. Richter

Im Portrait
Indische Flohsamenschalen
A. Hensel, B. Frank, S. Hose

Industrie

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