Zeitschrift für Phytotherapie - Ausgabe 01/1999
Editorial
    Ein großes Reservoir an pharmazeutischen Wirkstoffen erhofft sich die Industrie seit einigen Jahren nicht nur in den Regenwäldern, sondern vor allem auch in den Tiefen der Weltmeere.Weil dort bisher von deutscher Seite zuwenig geforscht wurde, hat noch die alte Bundesregierung ein deutliches Signal gesetzt. Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie bewilligte im Rahmen des neuen Schwerpunkt- örderprogramms »Marine Rohstoffforschung« 1,2 Millionen Mark für drei Projekte der Forschungsgruppe »Marine Mykologie« am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven.
    Die Forscher wollen erkunden, ob und inwiefern Pilze in Wechselwirkung mit anderen Lebewesen an der Bildung bestimmter Substanzen beteiligt sind. Organisatorisch sind alle drei Vorhaben Verbundprojekte von Wissenschaftlern an Instituten/Hochschulen und der Industrie. Die AWI-Forscher wollen zusammenarbeiten mit Arbeitsgruppen der Universitäten Göttingen, Kiel und Würzburg, der Fachhochschule Ostfriesland (Emden), dem Hans-Knöll-Institut für Naturstoffforschung (Jena) sowie einer Reihe von Biotechnologie-Firmen. Das Ziel ist klar: »Derartige Verbundprojekte sollen den Weg von der Grundlagenforschung zur angewandten Forschung und zur Industrie beschleunigen. Sie zielen auf Forschungsergebnisse, die industriell nutzbar sind.«
    Warum die Erforschung mariner Pilze so erfolgversprechend erscheint, erläuterte Dr. Schaumann, der AWI-Gruppenleiter, bei den 10. Irseer Naturstofftagen der Dechema e.V. im vergangenen Jahr: Zum einen stammten von den insgesamt etwa 110.000 bekannten Naturstoffen nur etwa 10% aus marinen Quellen und nur maximal 1% aus marinen Pilzen. Weiter seien nur etwa 5% der heute bekannten 1000 marinen Pilzarten auf ihre Fähigkeiten zur Produktion neuer Natur- und Wirkstoffe untersucht worden.
    Und schließlich sei zur Zeit nur etwa 1–5% der im Meer vermuteten Biodiversität mariner Pilze überhaupt bekannt.
    Ein weiteres Indiz für die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung neuer Wirkstoffe aus Meerespilzen sind die Anpassungen der marinen Mikroorganismen an extreme Lebensbedingungen wie Kälte, hohen Druck oder stark wechselnde Salzgehalte. Dadurch könnten interessante Metaboliten entstehen. Überdies würde die Anpassung an niedrige Temperaturen zu erheblichen Einsparungen beim Energieaufwand für die Fermentation führen, nehmen die AWI-Experten an.
    (Geringfügig gekürzter, freundlicherweise von der Redaktion der Zeitschrift »Medikament & Meinung« genehmigter Nachdruck aus der Ausgabe November 1998.)

    PS: Über den derzeitigen Stand der Forschung zum Thema »Neue Wirkstoffe aus Pilzen des Meeres« berichten in diesem Heft der »Zeitschrift für Phytotherapie« Frau Prof. Ulrike Lindequist (Institut für Pharmazeutische Biologie der Universität Greifswald) und ihre Mitarbeiterinnen. Ihr Aufsatz macht deutlich, daß die Untersuchungen auf diesem Gebiet gerade erst begonnen haben und noch manche »pharmakologische« Überraschung erwarten lassen.

    Franz-Christian Czygan, Würzburg

Panorama

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Kongresse · Weiterbildung

Kongreßbericht

»Phytopharmakaforschung 2000«
H. D. Reuter

Originalarbeiten

Traditionelle Medizin in Ghana
I. Köhler

Neue Wirkstoffe aus Pilzen des Meeres
U. Lindequist, C. Kusnick, H. Helmholz, K. Liberra

Traditionelle Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel
Teil 2
D. Shaw, C. Leon, S. Kolev, V. Murray

Aus der Apotheke

Carne – vale!
Phytotherapie zwischen Arzneimittel und Nahrungsergänzung
Th. Richter

Portrait einer Arzneipflanze

Mate – Ilex paraguariensis St.-Hil.
D. Frohne

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